2.2  Wirtschaftskybernetische Modellbildung       Kyb 2213  [4/8]
2.2.4 Modellbildung "step-by-step"
Schritt 2: Von der Leistung L zum Umsatz U
Im Schritt 1 zum hier betrachteten Sachverhalt wurde unterstellt, dass die gesamte Leistung L [1000 EUR/a] als Absatzleistung realisiert werden soll, was - im Gegenwert - zum periodenbezogenen Umsatz U [1000 EUR/a] führen würde.
Nun leben wir aber in Zeiten hart umkämpfter Märkte, was bedeutet, dass sich im Absatzprozess auf Zielmärkten "Überraschungen" einstellen können.
Zumindest sollten folgende Sachverhalte in die Modellbildung einbezogen werden:

(1) Es ist zu klären, zu welchen Preisen die Leistung L bewertet wird. Im Normalfall sind die fertigen Produkte zu Betriebspreisen (= Selbstkosten + kalkulatorischer Gewinn) zu bewerten. Gegenüber den Kunden werden jedoch Verkaufspreise offeriert, in die Rabatte und Skonti eingerechnet werden können. Die für die Modellrechnung wichtige Größe Umsatz muss somit auf Basis der realisierten Verkaufspreise berechnet werden.

(2) Weiterhin ist zu beachten, dass nicht die gesamte erstellte Leistung in der betrachteten Periode verkauft und damit zu Umsätzen geführt werden kann. Folge: Umsatz U < Leistung L.
Die gleiche Wirkung tritt ein, wenn - im Interesse des Verkaufs - größere Preisnachlässe gewährt werden müssen.
Aber auch die Situation Umsatz U > Leistung L ist denkbar, und zwar dann, .wenn bei Verkaufshandlungen höhere Preise erzielt oder Kunden eingerechnete Kundenskonti nicht in Anspruch nehmen u. a. m.

Kurzum: In Bezug auf die Relation "Leistung L zu Umsatz U" gilt der Satz "Nichts Genaues weiß man nicht!".
Für einen Betriebswirt, der gern mit Sicherheiten arbeiten will, wäre das ein Problem, nicht aber für einen Kybernetiker, denn der ist gewohnt, mit Unsicherheiten, Unwägbarkeiten zu leben!

Für die Weiterführung der wirtschaftskybernetischen Modellierung des ROI-Kennzahlensystems gilt es, zwei Sachverhalte explizit deutlich zu machen:
Erstens geht es darum, jenen betriebswirtschaftlich wichtigen Sachverhalt adäquat im Modell zu verdeutlichen, der darin besteht, dass beim Absatz der Produkte auf Zielmärkten ein Formwandel des Kapitals erfolgt:
Das in den erstellten Produkten gebundene Kapital (wertmäßig als Leistung ausgewiesen) wird durch Verkauf in Umsatzerlöse gewandelt. entweder gleich in Cashform (Barverkauf) oder in "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" (Verkauf auf Ziel).

Zweitens: Die skizzierte Umwandlung wird durch eine Reihe von Unsicherheiten, Unwägbarkeiten beeinflusst, mit der Folge, dass im Ergebnis Abweichungen zwischen der erstellten Leistung L und der für die Modellrechnung benötigen Umsatzgröße U eintreten können (U <> L)..

Der erste Sachverhalt (Formwandel) kann im Modell durch die Verwendung des Symbols für ein "Umwandlungsglied" verdeutlicht werden.
Der zweite Sachverhalt wird im Weiteren durch die Einführung einer neuen (dimensionslosen) Modellgröße m berücksichtigt, die als "Faktor der Marktrealisierung" bezeichnet wird und die im idealen fall den Wert m = 1,0 annimmt.
Es handelt sich hierbei um eine Einflussgröße, die bei Simulationsrechnungen als Zufallsgröße (mit m > 1,0 bzw. m > 1,0) nachgebildet werden kann.

Im Ergebnis des zweiten Schrittes einer wirtschaftskybernetischen Abbildung und Interpretation eines Absatzprozesse gelangen wir zu dem in Bild 2.04 darstellten Modell.
Bild 2.04: Wirtschaftskybernetische Modelldarstellung [2]