1.4  Information und Kommunikation
1.4.1   Information: Begriffsbestimmung, Erläuterungen Kyb 1413 [4/7]
d) Semiotische Klassifizierung des Informationsbegriffs
Im Hinblick auf den Informationsaustausch zwischen Menschen untereinander sowie - im Zuge der Digitalisierung - zwischen Mensch und Maschine ist vor allem jene Charakterisierung des Informationsbegriffs von Interesse, wie sie durch die Semiotik - als Lehre von den Gesetzen der Bildung und Nutzung sprachlicher Zeichen - vorgenommen wird.1
Die Semiotik untersucht sprachliche Zeichen unter vier Aspekten:
  • die Struktur einer Zeichenkette (Syntaktik),
  • die Beziehung zwischen einem Zeichen und seiner Bedeutung (Semantik),
  • die Beziehung zwischen einem Zeichen und dem bezeichneten Objekt (Sigmatik) und
  • die Beziehung der Zeichen zum Menschen als deren Nutzer (Pragmatik).
Davon ausgehend ist es möglich, eine Klassifizierung der Information nach syntaktischer, semantischer, sigmatischer und pragmatischer Information vorzunehmen.
Syntaktische Information
Es seien Z und Z' zwei beliebige Zeichen bzw. Zeichenketten. Dann besagt der syntaktische Aspekt sprachlicher Zeichen, dass diese Zeichen bzw. Zeichenketten miteinander verknüpft werden können, was durch eine Relation R1 der Form

   R1 = R1(Z, Z') bzw. R'1  = R'1 (Z', Z)

zum Ausdruck gebracht werden kann.
Eine Information I entsteht somit durch Auswahl von Zeichen aus einem Zeichenvorrat und durch Verknüpfung von Zeichen zu Zeichenketten. Dabei geht es nicht um die Bedeutung der Zeichen, sondern ausschließlich um die Ordnungszustände in der Zeichenkette.
Der Aspekt der Syntaktik hat - außer in der Nachrichtentechnik und der Programmierung - vor allem bei der Entwicklung von Zahlungssystemen über das Internet Bedeutung: 
So ist es beispielsweise unter dem Aspekt der Integrität der Zahlungssysteme wichtig zu gewährleisten, dass die gesendete Information sowohl physisch als auch logisch unversehrt beim Empfänger ankommt. Dritte dürfen keine Gelegenheit haben, die Information zu duplizieren, zu verändern, zu zerstören oder sonst wie umzuordnen. Die jetzt entwickelten digitalen Signaturen gelten in diesem Punkt als sehr sicher (siehe auch das SEPA-System).2
Semantische Information
Die Semantik untersucht die Beziehung zwischen den verwendeten Zeichen und ihrer Bedeutung für den Empfänger:
Es sei Z ein sprachliches Zeichen oder eine Zeichenkette und B die Bedeutung des Zeichens bzw. der Zeichenkette. Dann besagt der semantische Aspekt sprachlicher Zeichen, dass sie Existenzformen eines gedanklichen Abbildes, eines Sachverhalts sind: Ein "Wort" wird somit beispielsweise zum "Begriff".
Umgekehrt gilt, dass gedankliche Abbilder die Bedeutung eines Zeichens (eines Wortes usw.) sind. Dies kann durch eine Beziehung R mit

   R2 = R2(Z, B) bzw. R'2 = R'2(B, Z)

zum Ausdruck gebracht werden.
Dem semantischen Aspekt von Informationen kommt vor allem im Hinblick auf die Kommunikation besonderes Gewicht zu: Voraussetzung für das Zustandekommen einer Kommunikation zwischen Partnern (Menschen, aber auch Computer) bildet - wie wir noch im Detail sehen werden - ein gemeinsamer Zeichenvorrat, der sichert, dass beide Partner (Sender und Empfänger) den gleichen Zeichen/Zeichenketten auch die gleiche Bedeutung zuordnen.
Aber Achtung: Nicht immer und überall wird ein bestimmtes Zeichen in gleicher Weise in eine gewollte Bedeutung "übersetzt"!

So interpretiert man zum Beispiel in Deutschland das "Nicken mit dem Kopf" mit "JA" und das "Schütteln mit dem Kopf als "NEIN".
In Griechenland,  Bulgarien und in Indien bedeutet das Kopfschütteln hingegen "JA"!
Zu beachten ist auch das Problem des Augenkontakts im Gespräch mit einer höhergestellten Person: Wer dabei den Augenkontakt vermeidet oder auf den Boden blickt, beweist in afrikanischen Ländern Respekt, in Nordamerika oder in Europa wäre dies ein Zeichen von Respektlosigkeit.

Aber auch bei der Entwicklung von Zahlungssystemen über das Internet und bei der Ausgestaltung der digitalen Signatur spielt die Semantik eine große Rolle, geht es doch um Fragen der Glaubwürdigkeit von Informationen, der Nicht-Abstreitbarkeit von Transaktionen u. a. m.
2 Wenn beispielsweise beim Online-Banking die 22-stellige IBAN-Nummer unvollständig oder mit fehlerhafter Reihenfolge der Ziffern eingegeben wird, so dass aus der Zeichenkette nicht die richtige Bankleitzahl herausgelesen werden kann, wird sofort eine Fehlermeldung ausgegeben.

1 Siehe zum Beispiel:
 KELLER, R.: Zeichentheorie: Zu einer Theorie semiotischen Wissens. UTB Verlag, Stuttgart 2018.
 KJOERUP, S.: Semiotik. UTB Verlag, Stuttgart 2009.