1.5  Methoden und Instrumente der Kybernetik
1.5.1   Einführung Kyb 1510 [1/4]
a) Vorbemerkungen
Wenn in diesem Kapitel von "Methoden" und "Instrumenten" die Rede ist, so wird diesen Begriffen folgender semantischer Inhalt unterlegt:

Der Begriff "Methoden" besagt, dass es sich hierbei um Hilfsmittel handelt, die auf ein planmäßiges, folgerichtiges Vorgehen bei der Lösung definierter Probleme orientieren.

Wenn hingegen von "Instrumenten" die Rede ist, so soll damit die Assoziation zu Werkzeugen (Tools) geweckt werden, ähnlich wie ein Handwerker zur Lösung einer Aufgabe das jeweils richtige Werkzeug benötigt.
b) Methoden der Kybernetik
Wie jede Wissenschaft, so muss auch die Kybernetik über bestimmte Methoden verfügen, die es ihr überhaupt erst ermöglichen, Aussagen zum Gegenstand ihrer Untersuchungen und zu Anwendungen ihrer Theorie zu machen.
Obgleich viele Methoden, die der Kybernetik seit ihrer Begründung durch N. WIENER zugerechnet werden, bereits vor diesem Ereignis entwickelt und angewendet wurden, besteht der Verdienst der Kybernetik in diesem Kontext vor allem darin, den Inhalt dieser Methoden präzisiert sowie ihre Anwendungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Untersuchung dynamischer Systeme und ihrer Steuerung in unterschiedlichen Objektbereichen erweitert zu haben.
Im Weiteren wird ein kurzer Überblick über typische kybernetische Methoden gegeben, wobei hier der Bezug zur Anwendung dieser Methoden in Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspraxis von besonderem Interesse ist.
Black-Box-Methode (Methode des "schwarzen Kastens")

Eine typische Vorgehensweise der Kybernetik bei der Untersuchung komplexer und sehr komplexer Systeme besteht in der Anwendung der Black-Box-Methode.

Unter einer Black Box ist allgemein ein Objekt zu verstehen, dessen innere Struktur und dessen innere Funktionsweise unbekannt ist oder aber - in Bezug auf das Ziel der Untersuchung - zunächst nicht iinteressiert.
Anliegen und Ziel der Untersuchung des Objekts besteht darin, das Verhalten des Objekts in Bezug auf die Beziehung zwischen "Reiz" (bzw. Input) und "Reaktion" (Output) aufzudecken und dann die so gewonnenen Erkenntnisse für die Steuerung des betreffenden Objekts oder für die Lösung anderer Aufgaben zu verwenden (siehe Bild 1.34).1
Bild 1.34: Black-Box-Analyse (Prinzipschema)
Anwendungsbeispiel:
Im Unternehmen X soll untersucht werden, welche Anreizmittel besonders geeignet sind, um die Motivation der Mitarbeiter zum Erbringen hoher Arbeitsleistungen und zur eigenen Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und zu verbessern.
Als derartige Anreizmittel ("Inputs xi") werden erachtet: Entgeltgestaltung mit Leistungsprämien; Statusanreize; personenbezogene Laufbahnplanung; Arbeitszeitgestaltung.
Die Reaktion der Mitarbeiter ("Outputs yj") wird sicherlich sehr differenziert ausfallen und Überraschungen in Bezug auf diese Reaktionen sind nicht ausgeschlossen. Ziel muss es sein, möglichst eindeutige Aussagen zu den Beziehungen yj = f(xi) zu ermitteln, um tragfähige Schlussfolgerungen für die Steuerung der Arbeitsprozesse und die Personalentwicklung im Unternehmen erarbeiten zu können.

1 Anmerkungen:
Ein solches Vorgehen wird eigentlich intuitiv immer dann angewendet, wenn ein technisches Gerät (z. B. ein neues Smartphone oder ein neues Auto) erstmals genutzt werden soll: Man führt eine "Eingabe" (Input) aus und schaut (oder wundert sich), mit welcher "Ausgabe" (Output) das Gerät reagiert usw.
Originelle Geschichte hierzu:
Zwei Reisende (A und B) mieten sich im Ausland beim einem Autoverleihdienst einen Pkw. Bevor die Fahrt losgehen soll, wollen sie prüfen, ob alles funktioniert. Der Reisende A sitzt auf dem Fahrersitz und führt Bedienungen aus. Der Reisende B steht neben dem Fahrzeug und soll kurz antworten, ob die jeweils gewählte Bedienaktion (Input) auch zur richtigen Reaktion (Output) führt.
Reisender A : "Scheinwerfer vorn?", darauf Reisender B: "Geht!". Reisender A : "Bremslicht hinten?", darauf Reisender B: "Geht!". Reisender A : "Blinker rechts?", darauf Reisender B: "Geht, geht nicht, geht, geht nicht!" (Usw.).